Interview Jutta Wilms vom Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. zu Wahlleistungen
Das Qualitätsnetzwerk "Wir für Gesundheit" zeichnet sich dadurch aus, dass hier Partnerkliniken vereint sind, die neben überdurchschnittlicher medizinischer Qualität auch hervorragende Servicequalität anbieten. Einige Beispiele toller Wahlleistungsstationen haben wir bereits vorgestellt: Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein, Brüderkrankenhaus Paderborn, Kliniken Nagold, Agaplesion Diakonie Kliniken Frankfurt, Klinikum Landsberg am Lech, Psychiatrisch-Psychosomatische Klinik Celle.
Wenn Kliniken einen Neu- oder Umbau ihres Hauses planen, spielen Wahlleistungsstationen eine große Rolle. Jutta Wilms ist seit 2001 beim Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. verantwortlich für den Bereich Wahlleistung Unterkunft. Verhandlung und Begutachtung von Unterkunftswahlleistungen in Krankenhäusern bundesweit sind ihr täglich Brot. Silvio Rahr hat ihr dazu einige Fragen gestellt.
Silvio Rahr: Die Partnerkliniken unseres Netzwerks „Wir für Gesundheit“ zeichnen sich ja neben ihrer medizinischen Qualität auch durch ihre Services im Wahlleistungsbereich aus. Wir merken, dass das ein immer wichtigerer Baustein im Klinikmanagement ist. Wie hat sich das in den letzten Jahren aus Ihrer Sicht verändert?
Jutta Wilms: In der Tat hat sich die Ausrichtung der Krankenhäuser auf die Bedürfnisse der Patienten deutlich verstärkt. Dies ist ebenfalls beim Angebot der Wahlleistung Unterkunft spürbar. Während wir in der Anfangszeit noch viel Überzeugungsarbeit leisten mussten, um überhaupt entsprechende Wahlleistungsangebote in den Krankenhäusern zu etablieren, ist es nun häufig bereits so, dass Krankenhäuser aktiv Beratungen von uns erbitten oder mit ihren Vorschlägen zur Verbesserung bzw. Ausweitung der Wahlleistung Unterkunft auf uns zukommen. Das Bewusstsein der Verantwortlichen hat sich dahingehend verändert, dass das Angebot einer Wahlleistung Unterkunft als strategischer Wettbewerbsvorteil wahrgenommen wird, der auch zusätzliche Einnahmen ermöglicht. Anfängliche Skepsis ist nun einem spürbaren Interesse an Wahlleistungen gewichen.
SR: Was sind Neuerungen, die es vor zehn Jahren nicht gab?
JW: Das Leistungsangebot entwickelt sich ständig weiter und die Leistungsdefinitionen der Gemeinsamen Empfehlung müssen immer neu mit Leben gefüllt und auf einem aktuellen Stand gehalten werden. Maßgeblich ist die Verwirklichung eines zeitgemäßen Komforts für die Patienten, auch im Sinne eines „healing envrionment“. Ging die Gemeinsame Empfehlung vor 20 Jahren noch davon aus, dass die Gestellung eines Videogeräts einen Komfortvorteil darstellte, so muss man heute feststellen, dass solche Geräte allenfalls noch im Technikmuseum zu finden sind. Heute reden wir über ein Angebot von digitalen Lesezirkeln, Video-on-demand oder Pay-TV-Lösungen. Auch das Komfortelement Farbfernseher wird inzwischen durch Bedside-Terminals oder Flachbildschirme ersetzt. Durchgesetzt hat sich auch der Einsatz von geschultem Service-Personal z.B. aus dem Hotelbereich für die Serviceleistungen. Diese werden heute in aller Regel nicht mehr durch Pflegepersonal erbracht. Auch im Bereich der Wahlverpflegung hat sich viel getan. Wo nicht mehr frisch gekocht wird, können durch High-Convenience-Angebote die Kriterien der Qualität und Vielfalt sehr gut adressiert werden.
SR: Was gehört für Sie zu einer sehr guten Wahlleistungsstation?
JW: Der Patient soll sich wohlfühlen, das liegt uns besonders am Herzen. Bei der Einrichtung einer Wahlleistungsstation kommt es daher auf die vollumfängliche Verwirklichung aller definierten Komfortelemente der Gemeinsamen Empfehlung in einer patientengerechten Ausgestaltung an. Ältere Patienten haben andere Bedürfnisse als Jüngere – Orthopädische andere als Patienten der Inneren Medizin. Dies bedingt eine entsprechend angepasste Verwirklichung des Angebots. Besondere Bedeutung haben aus meiner Sicht die individuelle Betreuung der Wahlleistungspatienten durch geschultes Servicepersonal, die Möglichkeit einer Selbstbedienung an Zwischenmahlzeiten und Kaffeespezialitäten im Loungebereich sowie Angebot an hochwertig ausgestatteten Einbettzimmern. Besonders wichtig ist, dass genügend Einbettzimmer vorhanden sind. Dies sind natürlich nur einige Beispiele.
SR: Worauf sollten Partnerkliniken achten, wenn sie den Bau neuer Wahlleistungsstationen planen?
JW: Zielsetzung sollte ein funktionales aber ansprechendes, wohnliches Gesamtambiente sein. Auch hier kann ich nur einige Aspekte nennen: Bereits bei den ersten Bauplanungen ist zu berücksichtigen, dass die räumlichen Voraussetzungen einer Wahlleistungsstation sich deutlich von der Allgemeinen Krankenhausleistung abheben. Größenunterschiede in Bezug auf Zimmer und Sanitärzone müssen mindestens den definitionsgemäßen Vorgaben der Gemeinsamen Empfehlung entsprechen. Auch Flure, Nebenräume und Aufenthaltsbereiche müssen in die Überlegungen einbezogen werden. Bei Neubauten kann der Tageslichteinfall bedingt durch die Größe der Fensterfronten beispielsweise ein wesentliches Unterscheidungskriterium darstellen. Technische Details bei der Planung von Sanitärzonen mit größeren Duschbereichen, eingelassenen Ablagefächern oder Rainshower-Duschköpfen etc., erfordern immer eine frühzeitige Berücksichtigung. Durch ein ausgewogenes Beleuchtungskonzept in Verbindung mit einer besonderen Anordnung von abgestimmtem festem und losem Mobiliar in den Patientenzimmern lassen sich sehr gute Effekte herausarbeiten. Nicht zuletzt spielt auch die Lage der Wahlleistungsstation innerhalb des Hauses eine wesentliche Rolle. Neben diesen inhaltlichen Punkten muss ein solches Projekt sauber und umsichtig geplant werden, dabei müssen ausreichende Ressourcen auch unter Einbeziehung der Krankenhausleitung zur Verfügung gestellt werden. Ggf. kann es sinnvoll sein, spezialisierte Architekten oder externe Planer hinzuzuziehen.