Was gut ist und was besser werden muss. Interview mit Vivantes-Geschäftsführer für Klinikmanagement Dr. Johannes Danckert
In Berlin behandelt Vivantes nicht nur die meisten Menschen, die mit einer Corona-Infektion ins Krankenhaus kommen. Auch sonst wird etwa jeder dritte Berliner Krankenhausfall in der Hauptstadt von dem kommunalen Krankenhausunternehmen versorgt.
Seit 2018 ist Vivantes auch Partner im Netzwerk „Wir für Gesundheit“. Über die PlusCard können hier Patientinnen und Patienten Wahlleistungen bei der Behandlung in den Vivantes-Kliniken erhalten. „Wir für Gesundheit“-Geschäftsführer Silvio Rahr hat sich mit dem Vivantes Geschäftsführer für Klinikmanagement, Dr. Johannes Dankert, darüber unterhalten, was in der Pandemie aktuell und darüber hinaus wichtig ist.
Silvio Rahr: Aktuell sprechen alle von Virusvarianten und ihren Einfluss auf das Infektionsgeschehen. Was ist aus Krankenhaussicht jetzt wichtig?
Dr. Johannes Danckert: An erster Stelle steht, alles dafür zu tun, das Coronavirus und auch die Virusvarianten einzudämmen und möglichst viele Menschen möglichst schnell zu impfen. Wir haben Ende Februar bereits mehr als jeden dritten Mitarbeitenden von unseren insgesamt 17.600 Beschäftigten impfen können. Und wir können bis Mitte März jedem Mitarbeitenden ein Impfangebot machen.
Es ist aktuell auch wichtig, dass wir einen guten Überblick über das Corona-Infektionsgeschehen in Berlin haben. Denn vor allem Virusvarianten wie B.1.1.7 und B.1.351 könnten sich auf das Infektionsgeschehen auswirken und stehen deshalb ja aktuell besonders im Fokus. Deshalb veröffentlichen wir nun die Infektionszahlen von Vivantes, Charité und externen Einsendern auf der der Webseite des gemeinsamen Labor Berlin. Vivantes und Charité testen seit Januar 2021 alle positiven SARS-CoV2-PCR-Proben zusätzlich gezielt auf diese Mutationen.
SR: Wann geht es zurück in den „Normalbetrieb“?
JD: Wir hoffen bald! Es wird jedoch noch eine Weile dauern bis es wieder „normal“ wird. Die Pandemie ist ja noch nicht vorbei und es gilt jetzt eine dritte Welle zu verhindern. Die Berliner Krankenhäuser müssen für Covid-Patientinnen weiterhin Kapazitäten freihalten – je nach Pandemielage mal mehr oder etwas weniger. Daher haben wir uns bei Vivantes monatelang auf Notfälle konzentriert, wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte und auf dringliche Eingriffe bei schwerwiegenden Erkrankungen wie etwa Tumorerkrankungen. Wenn sich jetzt Spielräume für weitere planbare Operationen ergeben, werden wir das im Sinne der Patientinnen auch versuchen zu nutzen, denn viele Menschen mussten ihre OPs aufschieben. Wir hoffen natürlich, dass mit einer steigenden Zahl von Impfungen auch wieder mehr „Normalbetrieb“ möglich ist.
SR: Was können die deutschen Krankenhäuser aus dieser Pandemie für die Zukunft lernen?
JD: Innerhalb der Krankenhäuser haben wir schnell und flexibel Änderungen umgesetzt: Die im internationalen Vergleich hohe Versorgungsdichte bei Intensivkapazitäten wurden zu Beginn der Pandemie z.B. noch erweitert, viele Arbeitsabläufe und die Patientensteuerung wurden umstrukturiert, Teams haben stationsübergreifend und interprofessionell noch stärker zusammengearbeitet, und wir haben noch größere Anstrengungen unternommen, um z.B. Fachpersonal schnell weiterzubilden. Aber es hat sich auch gezeigt, dass wir in Deutschland über die Rahmenbedingungen nachdenken sollten: Das betrifft z.B. unsere Lieferketten, aber auch die Krankenhausfinanzierung und die politischen Vorgaben. Wir sollten uns fragen: Welche Gesundheitsversorgung wollen wir uns als Gesellschaft leisten und wie können wir Vorhaltekosten der Krankenhäuser besser abbilden? Das bisherige Finanzierungsmodell müsste jedoch aus diesem Blickwinkeln heraus verändert werden.
SR: Wie sieht denn die Zukunft der Berliner Krankenhäuser aus, wenn die Pandemie vorbei ist?
JD: In Zukunft wird die Gesundheitsversorgung digitaler, ambulanter, spezialisierter und individueller auf den einzelnen Menschen zugeschnitten sein. In Berlin werden wir die Versorgung in den nächsten zehn Jahren mit diesen Zielen maßgeblich mitgestalten, in unserem Netzwerk, zusammen mit der Charité und anderen Partnern. Wir wollen insgesamt mehr ambulante Angebote machen und uns auf komplizierte stationäre Behandlungen an den verschiedenen Standorten noch stärker spezialisieren. Wichtig ist es uns, innovative Versorgung auch schnell den Menschen anbieten zu können: Wir wollen Ergebnisse aus der klinischen Forschung unmittelbarer umsetzen können und uns noch mehr an guten Behandlungsergebnissen messen lassen. Das erreichen wir auch mit technischer Innovation. Damit meine ich gut gesteuerte, digitale Prozesse und smarte Medizintechnik für optimale Ergebnisse - und besseren Service wie z.B. kürzere Wartezeit. Um die Versorgung in Zukunft sicher zu stellen, benötigen wir aber zusätzliche Investitionsmittel vom Land Berlin.