Schmerzhaft dick: Wenn nur noch die OP hilft
Patientinnen mit Lipödem im Stadium drei werden künftig auf Kassenkosten operiert.
Lipödem ist eine angeborene, ererbte, chronische Erkrankung, von der fast ausschließlich Frauen betroffen sind. Rund 3,5 Millionen Frauen in Deutschland leiden darunter. „Das Lipödem ist damit eine Volkskrankheit“, sagt Dr. Roland Mett, Chefarzt des Fachbereichs für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie an den Schweriner Helios Kliniken. Die Beschwerden werden oft durch hormonelle Veränderungen ausgelöst.
Unter Lipödem versteht man eine schmerzhafte Fettverteilungsstörung mit Wassereinlagerungen. Zunächst ist die Krankheit meist an Oberschenkeln und Hüften sichtbar – das sogenannte Reiterhosensyndrom –, während der restliche Körper noch normal proportioniert ist. In fortgeschrittenem Stadium sind auch Bauch und Arme betroffen. Wer unter einem Lipödem leidet, ist häufig auch psychischen Belastungen ausgesetzt. Die Körperfülle wird zum Spott, weil sie vermeintlich auf das Essverhalten der Betroffenen zurückgeführt werden. Unabhängig vom Essverhalten wird die Krankheit jedoch stetig schlimmer.
Experten vom Lymphnetz Schwerin e.V. empfehlen bei Lipödemen eine kombinierte Therapie aus Kompression und Bewegung. In Stadium 3 sollte eine komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) durchgeführt werden. Zusätzlich kann eine Infrarottherapie die Mikrozirkulation in den Gefäßen des Unterhautfettgewebes verbessern.
Die Operationen zum Fettabsaugen (Liposuktion) war bislang keine Leistung, die die Kassen gezahlt haben, Patientinnen mussten diese bislang selbst finanzieren. Im September 2019 entschied der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA), dass die gesetzlichen Krankenkassen die Operationskosten bei einem fortgeschrittenen Lipödem übernehmen müssen. Die entsprechende Richtlinie ist zunächst bis zum 31. Dezember 2024 befristet. Bis dahin läuft eine vom GBA beauftragte Studie zur operativen Fettabsaugung (Liposuktion) bei Lipödem. Sobald die Studienergebnisse vorliegen, soll ein dauerhafter Beschluss für alle Stadien der Erkrankung getroffen werden.
Derzeit wird der Beschluss vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geprüft. Wenn es keine Beanstandungen gibt, wird er im Bundesanzeiger veröffentlicht und in Kraft treten. Patientinnen können davon ausgehen, dass die Regelung Anfang 2020 in der Praxis umgesetzt werden kann.
Voraussetzungen für eine Kostenübernahme der Operation sind das Erreichen des Stadiums 3 sowie eine vorausgegangene konventionelle Behandlung von mindestens sechs Monaten. Zudem gibt es Anforderungen an die operierenden Kliniken und Chirurgen. Das GBA hat außerdem festgelegt, welche maximalen Fettmengen pro Sitzung abgesaugt werden dürfen. Laut Dr. Mett dient all dies dem Patientinnenwohl und sei medizinisch geboten.