Fachärztliche Rundum-Betreuung von Intensivbetten - TCC aus Hamburg
Mit dem Begriff Telemedizin wird gemeinhin die Videosprechstunde zwischen Patient:innen mit dem Arzt/Ärztin verbunden. Doch die Möglichkeiten der Telemedizin gehen weit darüber hinaus, das beweist das HealthTech-Startup „Telehealth Competence Center“ (TCC) aus Hamburg.
- In einem Video Web Talk am 15.6.2022 um 10 Uhr werden die Gründer Prof. Dr. med. Christian Storm und David Barg TCC vorstellen und Thomas Lippmann, Geschäftsführer der Krankenhaus GmbH Landkreis Weilheim-Schongau wird von der praktischen Umsetzung berichten. Zur Anmeldung.
TCC ist ein mit Fachärzt:innen rund um die Uhr, sieben Tage die Woche besetztes Kompetenzzentrum, das ärztliche Tätigkeiten aus der Entfernung übernimmt. Konkret bedeutet dies: Ärzt:innen und Pflegepersonal in Krankenhäusern, deren Betten mit der TCC-Hard- und Software ausgerüstet sind, können mit höchster fach- und intensivmedizinischer Qualität beraten werden. Als ausgelagertes Kompetenzzentrum hat TCC Einsicht in Behandlungsdaten in Echtzeit und ist damit in der Lage – unterstützt durch KI-gestützte Methoden – Entwicklungen des Gesundheitszustandes vorherzusagen. Damit lassen sich Behandlungsqualität steigern und die Effizienz von Intensivstationen verbessern. Der Bedarf an einer digitalen Unterstützung von Intensivstationen (ICU = intensive care unit) ist an deutschen Kliniken vorhanden: 75% der Kliniken dokumentieren auf den ICUs immer noch mit Papier und Stift und leiden vielfach unter Personalmangel.
Was TCC macht, zeigt dieses kurz Video.
Gegründet wurde TCC 2020 von Prof. Dr. med. Christian Storm und David Barg. Beide wissen aus eigener Erfahrung, wo die Möglichkeiten der Digitalisierung in der kritischen Infrastruktur von Krankenhäusern liegen: Christian Storm ist habilitierter Intensivmediziner aus der Berliner Charité. Der Forschungsschwerpunkt von Storm liegt unter anderem bei den Themen Artificial Intelligence und dem Einsatz von Machine Learning in der Tele-Intensivmedizin. David Barg ist als ausgebildeter Gesundheitspfleger und studierter Betriebswirt bestens mit dem Klinikalltag vertraut und bringt Erfahrung aus der Managementtätigkeit eines internationalen Gesundheitsdienstleisters (Falck) und eines Digital-Unternehmens mit (MOIA / Volkswagen) mit.
Siebenstellige Seed-Runde: Kapital von erfahrenen Branchenexperten und Medizinern
Für ihre Geschäftsidee konnten David Barg und Christian Storm 2021 in einer Seed-Finanzierungsrunde einen mittleren siebenstelligen Betrag von einem Investorenkreis, der mehrheitlich aus erfahrenen Medizinern und Branchenexperten aus dem Gesundheitsbereich besteht, erhalten. Die Investoren teilen die Überzeugung der Gründer, dass es ein signifikantes Marktbedürfnis von telemedizinischen Leistungen im Intensivbereich gibt: „Hohe medizinische Qualität und Expertise ortsunabhängig 24/7 zu liefern ist unsere Mission. Wir kennen die Situation in den Kliniken genau: Aufgrund des hohen Kostendrucks können es sich Krankenhäuser gar nicht leisten, Fachärzte rund um die Uhr zur Patientenversorgung bereitzustellen. In vielen Regionen gibt es zudem einen regelrechten Ärztemangel. Mit unseren Leistungen, entlasten wir Personal sowie die Klinik-IT und erhöhen die Patientensicherheit durch eine permanente Facharzt-Betreuung“, erklärt David Barg.
Ökonomische Vorteile der telemedizinischen Intensivbetreuung
Die ökonomischen Vorteile für das Krankenhaus liegen dabei auf der Hand: Durch die Auslagerung der 24/7 fachärztlichen Betreuung und der permanenten Analyse der Patient:innendaten wird eine ICU grundsätzlich effizienter. Durch die höhere Therapie-Qualität ist eine kürzere Verweildauer des/der Patient:in möglich. Dadurch lassen sich die Erlöse ohne Erhöhung von personellen Ressourcen oder IT-Kapazitäten steigern.
Für die Implementierung von TCC ist lediglich die Ausstattung der Intensivbetten mit der firmeneigenen Hardware nötig. Anschließend wird das PDMS (Patient Data Monitoring System) des jeweiligen Krankenhauses angepasst oder zusätzlich zur Verfügung gestellt – TCC kann über Schnittstellen alle gängigen vorhandenen Systeme einbinden. Durch die „Software-as-a-Service“-Anbindung entfällt der Integrationsaufwand für die Klinik-IT. „Wir professionalisieren und digitalisieren das Krankenhaus-Management durch minimal-invasive Eingriffe mit einem hohen Wirkungsgrad. Durch TCC wird die lokale IT in der Umsetzung, der Planung und im gesamten Betrieb entlastet. Alles zum Wohle der Patienten-Versorgung und -Sicherheit. Eine derart hohe fachärztliche Betreuung über die Dashboards im TCC haben nicht einmal große Kliniken“, so Christian Storm.
24/7-Betreuung im TCC durch Fachärzt:innen und KI-Unterstützung
Sind die Intensivbetten einer Klinik mit der TCC-Hardware ausgestattet und die PDMS über Schnittstellen angebunden, laufen alle Daten der jeweiligen Klinik im TCC zusammen. Unter Einhaltung aller Vorgaben des Datenschutzes (alle TCC-Services laufen streng DSGVO-konform) findet im TCC eine permanente Analyse des Patienten-Zustandes statt. Fachärzt:innen haben dabei alle Parameter im Blick und werden durch KI-gestützte Methoden unterstützt. So kann das Personal in angebundenen Krankenhäusern rund um die Uhr bei den TCC-Ärzt:innen nachfragen beziehungsweise wird proaktiv beraten. Auf Dashboards sehen die TCC-Ärzt:innen Hinweise zur Medikation, erhalten Frühwarnungen bei sich verschlechternden Parametern oder können sogar präzise Vorhersagen treffen. Neben der fachärztlichen Betreuung aus der Ferne trägt TCC mit seinen Services zudem dazu bei, die digitale Dokumentation für die Klinik aufzubauen und zu betreiben. Regelmäßige Reports und immer aktuelle PDMS-Akten bringen einen erheblichen Digitalisierungs-Schub im klinischen Alltag. Zusätzlich bietet TCC an, große Kliniken beim Aufbau und Betrieb eines eigenen Kompetenzzentrums zu betreuen. Die Leistung des TCC sind grundsätzlich voll förderungsfähig durch das KHZG, da sie den Fördertatbestand 9 („Telemedizinische Netzwerke“) erfüllen.
Marktpotenzial: 1.000 Kliniken hierzulande - Anteil „Tele-ICU“ in USA bei > 10 Prozent
Die Gründer von TCC sehen als Marktpotenzial etwa 1.000 Kliniken in Deutschland die Bedarf haben und streben einen Marktanteil von zehn bis 15 Prozent an. Erlöse generiert das junge Unternehmen durch eine Gebühr pro ausgerüstetem Bett. Als erste Klinik konnte Schongau-Weilheim gewonnen werden, die Klinik setzt am Standort Schongau – gefördert durch das KHZG – sowohl das PDMS als auch die eICU genannte telemedizinische Beratung von TCC ein. Kürzlich konnten zudem zwei weiteren Kliniken als Kunden akquiriert werden. Ansprechpartner:innen im Krankenhaus sind häufig IT-Verantwortliche. Künftig sollen zusätzlich Vertriebspartnerschaften mit führenden Medizingeräteherstellern geschlossen werden. Weitere Erlösmodelle sind Beratungsleistungen beim Aufbau beziehungsweise Betrieb eines klinikeigenen Kompetenzzentrums.
„Unsere Unternehmensstrategie ist es, in einem komplexen Markt zügig zu wachsen und schnell profitabel zu werden. Wir sehen große Chancen, denn der Digitalisierungsdruck nimmt zu. Da TCC als digitale Plattform aufgebaut ist, können perspektivisch auch andere Bereiche neben der Intensivmedizin versorgt werden“, so Storm. Vor allem mit Blick auf die USA, wo Storm den wachsenden Bereich der „Tele-ICU“ kennengelernt hat, zeigt sich der Nachholbedarf bei digitaler Unterstützung der Intensivbetten hierzulande: Mehr als zehn Prozent der etwa 100.000 ICU-Betten dort sind bereits an ein eICU-System angeschlossen.